Die Feldenkrais-Methode®
Die Feldenkrais-Methode ist benannt nach ihrem Begründer, dem israelischen Physiker Moshé Feldenkrais (1904 - 1984). Sie
ist ein spezielles Verfahren zur Gestaltung von Lernprozessen. Angestrebt wird, Menschen zu befähigen, über achtsam
wahrgenommene Bewegungsabläufe ihr eigenenes Lernen zu lenken. Die Feldenkrais-Methode schafft Lernbedingungen, in
denen Menschen sich über die Sensomotorik darin schulen können, ihr Unterscheidungsvermögen auszubilden. Diese Fähigkeit
trägt wesentlich dazu bei, daß die Person besser erkennt und versteht, wie sie sich selbst sieht und sich diesem Bild
entsprechend im täglichen Leben organisiert; denn solange sie nicht wahrnimmt und also nicht weiß, wie sie sich zum Beispiel
beim Gehen organisiert, kann sie daran auch nichts verändern. Indem Bewußtheit über das eigene Tun geschieht, entsteht neue
Beweglichkeit (in körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht) wie von selbst. Es findet ein Abbau selbstauferlegter Grenzen
statt. Neue Denk- und Handlungsalternativen eröffnen sich und geben Gelegenheit zu mehr Eigenständigkeit und
Verantwortung. Die Feldenkrais-Methode ist geeignet für Menschen jeden Alters und aller Arbeits- und Lebensbereiche.
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Es gibt viele Theorien, Methoden und Techniken, über Bewegung zu lernen. In Umkehrung zu weitverbreiteten Vorstellungen ist
Lernen für Moshé Feldenkrais jedoch einfach, effizient und vor allem nachhaltig, wenn es von innen nach außen erfolgt. Er
knüpft deshalb an das innere Erleben der Person an. Denn dies ist der Maßstab für sein Handeln.: "Wir handeln dem Bilde
nach, das wir uns von uns machen" (Feldenkrais 1978:19). "Ein jeder bewegt sich, empfindet, denkt, spricht auf die ganz ihm
eigene Weise, dem Bild entsprechend, das er sich im Laufe seines Lebens von sich gebildet hat. Um die Art und Weise seines
Tuns zu ändern, muß er das Bild von sich ändern, das er in sich trägt" (Feldenkrais 1978:31). Der Begriff des Selbstbildes
umfaßt die vier Dimensionen Sinnesempfinden, Fühlen, Denken und Bewegen. Der Zugang zu diesem Selbstbild erschließt
sich über die absichtsvoll handelnde Person - deren Innensicht. Korrektur von außen, bloße Nachahmung oder rein
mechanische Einwirkung auf Teilbereiche des Körpers erübrigen sich deshalb. Moshé Feldenkrais trägt sowohl in seiner
Begrifflichkeit wie in seiner Praxis konsequent der Einheit von Körper, Geist und Seele Rechnung.
Feldenkrais-Lehrende verstehen ihre Arbeit als Anleitung zu "organischem Lernen". Diese Art des Lernens orientiert sich am
sinnes- und experimentierfrohen Lernen und Verstehen von Kleinkindern. Sie steht Menschen jedoch lebenslang zur Verfügung.
Inspiriert wird dieses Lernen durch Neugier, Lust, Erstaunen, Freude an Überraschungen und dem Bedürfnis sich mitzuteilen.
Entsprechend dieser "kindlichen Logik" wird absichtslos mit scheinbar zufälligen Bewegungen experimentiert. Neue
Sinnesempfindungen tauchen auf, Unterschiede werden erkannt und bilden im Nervensystem neue sensomotorische Gestalten
(Reese 1991:7) oder lassen längst nicht mehr genutzte "Bahnen" wieder auftauchen. Die Reorganisation von Verhalten erfolgt
hier auf dem gleichen Weg, auf dem sie entstanden ist: dem der vielfältigen Wahrnehmungs- und Bewegungserfahrung
(Sensomotorik).
Feldenkrais' Vorstellungen vom Menschen:
Der persönliche und wissenschaftliche Hintergrund von Moshé Feldenkrais gibt Aufschlüsse über sein Menschenbild:
Feldenkrais hält "Lernen für das dem Menschen wichtigste" (Feldenkrais 1987:176). Die Fähigkeit zu lernen ist in uns angelegt.
Als Menschen handeln wir nicht reflektorisch, sondern absichtsvoll über Versuch und Irrtum, bis wir eine unseren Intentionen
befriedigende Lösung gefunden zu haben meinen. Vor allem aber: Wir wissen jeweils (oder könnten wissen), was wir tun.
Bewußtheit gibt uns die Freiheit (und die Verantwortung), eine Wahl zu treffen, z.B. an einer Gewohnheit festzuhalten oder sie
zu ändern. Feldenkrais vertraute auf diese Fähigkeit zur Selbstleitung. Er bestätigte mit seiner Arbeit sein Menschenbild: Der
Mensch ist Zeit seines Lebens strukturell auf Lernen eingerichtet, motiviert und begierig, neue Erfahrungen machen zu können
(vgl. dazu auch Affolter 1987).
Bei der Feldenkrais-Methode® werden zwei Verfahrensweisen angewandt:
1.Funktionale Integration
Funktionale Integration ist die Bezeichnung für die Einzelstunden in der Feldenkrais-Methode. Diese finden
weitgehend nonverbal auf einer für die Feldenkrais-Arbeit speziell angefertigten Liege statt. Der Unterricht kann jedoch
auch im Sitzen, im Stehen oder Gehen stattfinden. Funktionale Integration ist eine über die Hände geführte Form von
Kommunikation: Mittels feiner Berührungen und Bewegungen wird es dem/der KlientIn möglich wahrzunehmen wie
er/sie sich gewohnheitsmäßig bewegt und wie sich diese Bewegungsorganisation in seinem/ihrem Selbstbild
wiederspiegelt (Bewußtheit). Damit ist die Möglichkeit gegeben, aus diesen "eingefleischten Verhaltensweisen" eine neue
sensomotorische Gestalt herauszubilden. Diese kann dann als Basis für eine veränderte Bewegungsorganisation im
täglichen Leben dienen.
2.Bewußtheit durch Bewegung
Bewußtheit durch Bewegung wird zumeist als Gruppenstunde angeboten. Der Unterricht findet am Boden auf Matten
liegend, kniend, sitzend oder stehend statt. Die Anleitung erfolgt verbal. Allerding geht es nicht darum, bestimmte
Bewegungen als solche zu erlernen - zum Beispiel die richtige Weise, von der Bauchlage ins Sitzen zu kommen. Die
Bewegungen, mit denen in der Unterrichtsstunde experimentiert wird, dienen vielmehr dazu, an einem bestimmten
Beispiel (etwa der Funktion des sich Aufsetzens) zu lernen, wie eine beliebige Absicht einfacher, zweckmäßiger, leichter,
ästhetisch befriedigender in Handeln überführt werden kann. Über die Erkundung von Bewegung wird exemplarisch
gelernt: Wie weiß ich, was ich tue und wie ich es tue? Ist das, was ich tue, auch das, was ich zu tun meine oder zu tun mir
vorgenommen habe? Wie könnte ich es anders, vielleicht leichter und angenehmer tun?
Feldenkrais-Methode: Mögliche Ergebnisse
Verbesserung, Zunahme, Erweiterung, Erleichterung von
-
Selbstvertrauen, (Selbst-) Akzeptanz, Anerkennung anderer, Autonomie und Verantwortung
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Lernvermögen auf allen Gebieten (Lernen zu lernen)
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der Fähigkeit der Selbstlenkung/Selbsterziehung (Sich selbst helfen können)
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Handlungskompetenz/Öffnung bisher nicht zugänglicher Wahrnehmungs- und Handlungsdimensionen
-
Beziehungsfähigkeit (Erkennen und Herstellen von Zusammenhängen)
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Leistungsfähigkeit, Ausdauer, Wohlbefinden und Vitalität
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Flexibilität (Beweglichkeit in körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht)
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Orientierung in Raum und Zeit
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Eigenwahrnehmung (Propriozeption)
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kinästhetischem Empfinden
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Bewußtheit und Erkenntnisvermögen der eigenen Bewegungsorganisation (Erweiterung des Selbstbildes und
Körperschemas)
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Bewegungsökonomie (Zusammenspiel der Körperteile, Koordination, Einsatz von Kraft der Handlungsabsicht
entsprechend, Umgang mit Schwerkraft, etc.)
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Bewegungsqualität (Klarheit und Eindeutigkeit über Bewegungsabläufe, Eleganz, Harmonie, Anmut von
Bewegungen)
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Atmung (freier, anpassungsfähiger)
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aufrechter Haltung (als dynamischem, auf Handeln bezogenem Prozeß)
Verringerung/Abbau von
-
Anstrengung und unnötiger Spannung
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sensomotorischer Amnesie
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Schmerzen
Veränderung der Einstellung zum Lernen (von: Ich muß lernen zu: Ich kann lernen)